Direktwerbung und der Datenschutz

Zugegeben: Die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben im Unternehmen kommt nicht selten in Konflikt mit den Marketinginteressen von Unternehmen. Kein Wunder, dass die Beschwerden Betroffener in Bezug auf unverlangt zugesandte Werbung einen der größten Beschwerdeblöcke bei den Aufsichtsbehörden darstellt. Anordnungen und Bußgelder sind zwei mögliche Mittel der Aufsichtsbehörden zur Durchsetzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen. Mit unserer kurzen Übersicht wollen wir die Do’s und Dont’s in der Direktwerbung aus datenschutzrechtlicher Sicht kurz darstellen.

Keine Verarbeitung ohne Rechtsgrund nach DSGVO

Zunächst einmal gilt, dass jede Verarbeitung personenbezogener Daten eines Rechtsgrunds nach DSGVO bedarf. Daten, die nicht personenbezogen sind, fallen also nicht unter den Schutz der DSGVO, wohl aber des UWG. In Frage kommen Art. 6 Abs. 1 lit. a oder f DSGVO, also die informierte Einwilligung oder das überwiegende berechtigte Interesse des Unternehmens.

Speziell in Deutschland regelt zudem das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, kurz UWG, welche Werbemittel unter welchen Voraussetzungen eingesetzt werden dürfen. Insbesondere in §7 UWG sind die Voraussetzungen für verschiedene Formen der Direktwerbung benannt, die zu beachten sind.

Grundsätzlich gilt: Was nach UWG verboten ist, kann nicht nach DSGVO erlaubt sein

Wie noch zu zeigen sein wird, entzieht das UWG einigen Formen der Direktwerbung die Möglichkeit, sich auf das berechtigte Interesse des Unternehmens zu berufen. In einer Orientierungshilfe zur Direktwerbung hat sich die Datenschutzkonferenz geäußert:

Weil nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DS-GVO eine Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig ist, sofern die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen, sind auch bei der datenschutzrechtlichen Beurteilung einer Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke der Direktwerbung die Wertungen in den Schutzvorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) für die jeweilige Werbeform mit zu berücksichtigen. § 7 UWG regelt, in welchen Fällen von einer unzumutbaren Belästigung der Beworbenen auszugehen und eine Werbung dieser Art unzulässig ist. Wenn für den werbenden Verantwortlichen ein bestimmter Kontaktweg zu einer betroffenen Person danach nicht erlaubt ist, fehlt es bereits an einem berechtigten Interesse

Orientierungshilfe der Datenschutzkonferenz zur Direktwerbung

Dennoch erleben wir in der Praxis immer wieder, dass Unternehmen sich im Widerspruch zum UWG auf Art. 6 Abs. 1 lit. f berufen, um ihre Werbezusendung zu legitimieren. Wir raten an dieser Stelle dringend davon ab, Werbeaktivitäten im Widerspruch zu den Bestimmungen des UWG zu entwickeln. Eine Prüfungsreihenfolge für geplante Werbemaßnahmen kann also zunächst anhand der Kriterien des UWG erfolgen und wird anschließend durch die Prüfung nach DSGVO/BDSG ergänzt.

Die Bestimmungen des UWG, speziell §7 UWG

§ 7 Unzumutbare Belästigungen
(1) Eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht.

2) Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen

  1. bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung,
  2. bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt, oder
  3. bei Werbung mit einer Nachricht,
    a) bei der die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird oder
    b) bei der gegen § 6 Absatz 1 des Telemediengesetzes verstoßen wird oder in der der Empfänger aufgefordert wird, eine Website aufzurufen, die gegen diese Vorschrift verstößt, oder
    c) bei der keine gültige Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Nummer 2 ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn

  1. ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
  2. der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
  3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
  4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

(UWG §7 in der Fassung von 2010)

1. Schritt: Prüfung von Werbemaßnahmen nach UWG

Grundsätzlich gilt also: Eine Werbemaßnahme, die nach UWG verboten ist, kann nicht nach DSGVO erlaubt sein und ist zu unterlassen, will man keine Prüfung, Anordnung oder gar ein Bußgeld riskieren.

2. Schritt: Prüfung nach DSGVO

Die meisten Formen der Direktwerbung bei Unternehmen wie Privatpersonen sind nach UWG nur eingeschränkt möglich und erfordern in der Regel die Einwilligung des Betroffenen. Zu unterscheiden sind dabei die Werbung gegenüber Privatpersonen (B2C) und gegenüber Unternehmen (B2B), sofern in der B2B-Werbung ein Personenbezug, beispielsweise durch die persönliche Ansprache konkreter Personen hergestellt wird.

2.1. Rechtsgrundlage Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO

Die Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 6 Abs. 1 lit. a hat, wie bei allen anderen Rechtsgründen auch, nach den Prinzipien der Fairness und Transparenz zu erfolgen. Dem Adressaten muss

  • eindeutig und unmissverständlich klar sein, wofür er seine Einwilligung erteilt und
  • die Möglichkeit einer einfachen Ablehnung der Einwilligung angeboten werden.
  • Die einmal erteilte Einwilligung muss ebenso einfach widerrufen und der Löschprozess in Gang gesetzt,
  • die Informationspflichten nach Artt. 13 bzw. 14 DSGVO müssen beachtet und
  • der Adressat muss vollständig über alle Betroffenenrechte in Kapitel 3 DSGVO unterrichtet werden..

Ergibt die Prüfung, dass bei einer Verarbeitung zu Direktwerbezwecken alle Voraussetzungen der Einwilligung vorliegen, steht einer Werbemaßnahme nichts im Wege. Eine Einwilligung, die die Prüfung nach DSGVO-Kriterien erfüllt, dürfte auch nach UWG nicht zu beanstanden sein.

2.2 Rechtsgrundlage berechtigtes Interesse nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO

Als gleichwertiger Rechtsgrund nach DSGVO neben Art. 6 Abs. 1 lit. a kommt das berechtigte Interesse nach Art. 6 Abs. 1 lit. f in Frage. Aber -Vorsicht Falle- nur in den Fällen, die nach UWG nicht verboten sind.

Die Prüfung auf Art. 6 Abs. 1 lit. f erfolgt auf zwei Ebenen:

  1. muss das Interesse der betroffenen Person identifiziert werden und darf
  2. gegenüber dem berechtigten Interesse des Unternehmens nicht überwiegen.

Diese Interessenabwägung ist zu dokumentieren. Dabei sind die voraussichtlichen Erwartungen des (potentiellen) Kunden zu berücksichtigen.

Ausblick

Das vielstimmige Lied der Marketingabteilungen und -verbände über den “ausufernden Datenschutz” wird gern und laut gesungen. So verständlich aus Marketingsicht der Wunsch sein mag, alle denkbaren Werbemöglichkeiten exzessiv auszuschöpfen, so dankbar sind Betroffene über die Grenzen, die der Gesetzgeber hier setzt. Seit Inkrafttreten der DSGVO mit den entsprechenden Bußgeldbestimmungen ist der Anteil an nerviger und unerwünschter Direktwerbung, die zuvor erhebliche Ressourcen in Anspruch genommen hat, deutlich zurückgegangen.

Dass die angesprochenen Interessengruppen alle Lobbymöglichkeiten ausschöpfen, um die Ergänzung der DSGVO, die Neufassung der geltenden ePrivacy-Richtlinie in eine für sie günstige Verordnung zu wandeln, ist nachvollziehbar, aber wenig wünschenswert. Wie in anderen Rechtsbereichen wird es darauf ankommen, einen vernünftigen Interessenausgleich zwischen dem Schutzbedarf betroffener Personen und den Wirtschaftsinteressen zu formulieren. Ob und wann es zu einer ePrivacy-Verordnung kommen wird, steht derzeit in den Sternen.

Bis dahin sind Unternehmen gut beraten, die geschilderten Prüfschritte umzusetzen.

Angebot:
Datenschutz ist machbar – ohne dass die Kosten aus dem Ruder laufen.
Wir arbeiten als Team für mittelständische und kleinere Unternehmen, teils als bestellte externe Datenschutzbeauftragte, teils in spezieller beratender und unterstützender Funktion für interne DSB.
Transparenz bei den Kosten – weitere Informationen auf dieser Seite.


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