Ein erfreuliches Urteil für Unternehmenskunden, die Opfer sog. Cold Calls von fragwürdigen SEO Unternehmen wurden, hat das AG Lörrach am 25.05.2023 gefällt. Zum Hintergrund:
Der Unternehmer und Beklagte war von der Klägerin angerufen und der Eindruck erzeugt worden, sein Eintrag bei Google sei ohne Vertragsabschluss in Gefahr. Das Gericht urteilte, es sei zwar ein rechtsgültiger Vertrag zustande gekommen, eine Pflicht zur Zahlung sei jedoch nicht entstanden.
„…Bei der ganzen Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass der Beklagtenvertreter unerwartet angerufen wurde durch einen Cold-Call. Schon von Gesetzeswegen werden diese sehr stark eingeschränkt (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG). Dies liegt dem Umstand zugrunde, dass man in solch einer Situation mental nicht auf Vertragsverhandlungen vorbereitet ist und deshalb zu Zusagen verleitet werden kann, die man normalerweise nicht abgeben würde. Es ist auch hier davon auszugehen, dass der Beklagtenvertreter in der Situation überfordert war und sich eben nicht mehr ganz genau an das Gespräch erinnern kann. …
…Die Beklagte hatte einen Anfechtungsgrund nach § 119 Abs. 1 BGB, weil sie unter einem Inhaltsirrtum litt. Der Geschäftsführer der Beklagten ging davon aus, dass sie in einem Vertragsverhältnis mit Google stand und die Klägerin im Zusammenhang mit ihrem Google-Account direkten Zugriff darauf hatte und dahingehend Dienstleistungen anbot. Außerdem ging sie davon aus, dass ein bestehender Vertrag modifiziert wird, den sie bereits bei Google hatte. Dass sich die Beklagte darüber im Irrtum befand, steht zur Überzeugung des Gerichts fest. Zwar konnte der Beklagtenvertreter nicht glaubhaft über den Inhalt des Telefonats berichten. Allerdings konnte er glaubhaft darüber berichten, wovon er selbst während des Telefonats ausgegangen ist….
… Darüber berichtete der Beklagtenvertreter glaubhaft, weil diesbezüglich detailreich und widerspruchsfrei berichtete. Er machte auch seine Überforderungssituation glaubhaft. Er brachte dies auch in einen zeitlichen Zusammenhang mit seiner Firmenneugründung und dass er damals nicht so viel Geld hatte und sich nicht vorstellen konnte, damals über solch eine hohe Summe einen Vertrag abschließen zu wollen. …
Der Irrtum war kausal für den Vertragsschluss. Die Beklagte ging davon aus, dass mit dem Vertragsschluss sein Google-Account betroffen war und die Klägerin in direktem Zusammenhang mit Google stand. Außerdem ging er davon aus, dass es seinen bestehenden Vertrag mit Google betraf. Dies war alles aber nicht der Fall. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte in diesem Wissen nicht diesen Vertrag abgeschlossen hätte. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagte unabhängig davon, ein Interesse daran hatte ihre Webpräsenz zu verbessern durch die Klägerin.“
Aus Sicht von Unternehmen, die Opfer derartiger Machenschaften wurden, also ein überaus erfreuliches Urteil.
Hier finden Sie das Urteil im Original:
https://www.landesrecht-bw.de/perma?d=JURE230048596